Seit 1989 Rock, Folk, Pop, Alternativ … und andere Kleinkunst mit Dauerpower
vom Culturkreis Hemmoor e. V.
oder:
Kulturarbeit ist auch in der Provinz möglich!
Trotz knapper Mittel macht der Culturkreis Hemmoor seit vielen Jahren kulturelle Angebote für nahezu alle Altersgruppen. Und das angesichts eines begrenzten Interessentenkreises und eines für die Provinz ungewöhnlichen, qualitativ anspruchsvollen Programms.
Das Projekt, von Rainer Kupke, Uwe Erdmann und Gertrud Schnelle 1989 – durchaus mit Zweifeln an der Machbarkeit – aus der Taufe gehoben, darf aufgrund der Gemeinnützigkeit zwar keine Umsätze machen, schreibt aber trotz anspruchsvoller Verpflichtungen keine roten Zahlen. Mit einem kleinen Zuschuss der Stadt Hemmoor, unermüdlichem Elan und pfiffigen Ideen des Organisationsteams hat sich in der jungen Kleinstadt an der Elbemündung eine vielfältige, bunte Kultur-Szene entwickelt. Die Zahlen sprechen für sich: Bald 70.000 Zuhörer fanden in den vergangenen Jahren den Weg in die gut 350 Veranstaltungen.
Während in anderen Orten im Norden der Republik solche Initiativen oft mangels Akzeptanz durch die Bevölkerung bald wieder verschwinden, hat sich dieser Culturkreis in der Vergangenheit ein Image aufgebaut, das relativ stabile Besucherzahlen garantiert. Die unterschiedlichen Angebote werden in folgenden Räumlichkeiten durchgeführt, die jedoch nicht im Besitz des Vereins sind. Für eher intimere Konzerte steht die rustikale Kulturdiele (ca. 150 – 200 Personen) oder die Kirche (ca. 450 Personen), für Großveranstaltungen stand die Festhalle Hemmoor (ca. 900 Personen) zur Verfügung und seit mehreren Jahren wird auf dem Rathausplatz ein OpenAir nach dem Konzept „Umsonst und Draußen“ durchgeführt, wo gut 1000 Personen und mehr Platz finden. 2017 konnte der Verein eine „Heimat“ beziehen, d.h. wir haben eine offizielle Adresse in Hemmoor und ein kleines Büro, wo wir uns regelmäßig treffen.
Kulturelle Vielfalt ist kein Fremdwort für die Programmmacher, sondern selbstverständliche Verpflichtung. Alle Bereiche von Folk, Rock, Pop und Blues, sowie die Sparten Klassik, Volksmusik, Dichterlesungen, Kabarett, Vorträge u. ä. decken die Organisatoren ab. Entscheidend für Verpflichtungen von Gruppen und Künstlern war früher die „livehaftige Begegnung“ auf Konzerten und Festivals, heute löst oftmals auch „YouTube“ die Live-Prüfung ab. Wer diesen „Test“ besteht, wird auch nach Hemmoor verpflichtet. Wirtschaftlichkeit wird trotz der tollen Resonanz in den vergangenen Jahren großgeschrieben, denn „Flops“ könnten schwerwiegende Folgen für den Verein nach sich ziehen.
Über die Jahre hat sich der Culturkreis durch qualitative Vielfalt so viel Anerkennung verschafft, dass sich Konzertagenturen mit namhaften Künstlern, die sonst nur in den Metropolen auftreten, um die Kleinstadt mit ihren 12.000 Einwohnern bemühen.
Zu den herausragenden Konzerten gehörten zweifellos die Auftritte von Echt, Thees Uhlmann und Band (ein echter Hemmoorer), Gregor Meyle, Angelika Milster, Katja Ebstein, Inga Rumpf, MADSEN, The Bates, Hannes Wader, Lotto King Karl, Steve Skaith – The voice of Latin Quarter, Selig, Long John Baldry und Louisiana Red.
Besondere Leckerbissen stellten immer wieder die Blues-Nächte dar. Fast die gesamte Creme der deutschen, aber auch mancher Topakt der internationalen Bluesszene fand schon seinen Weg nach Hemmoor. U.a. sind hier Abi Wallenstein, Blues Company, Rita Chiarelli, Julian Sas, Doug Jay, das Joja Wendt Quintett, Ballermann Blues Projekt, Steve Bakers Have Mercy, Blues Package und Harpface and the Heat zu nennen.
Dazu kommen die neuen Stars der deutschen Rockszene: No Sex until Marriage, One fine Day, Kim?, Luxuslärm, Say Okay, Die Schröders, Nationalgalerie, The Colour Red, Terry Hoax, Darwins, The Jinxs, Subway to Sally und Fiddlers Green. Weitere Acts waren die britischen Folk-Rocker Pressgang, Ian Cussick, Soultrains Blues Brothers Band und die Traditional Old Merry Tale Jazzband. Zur Tradition wurden auch Oldie-Nights, bei denen u.a. die Lords, Henner Hoier, die Rattles und Beatles Revival Band auftraten. Aufgenommen wurden zeitweise der Bereich Comedy (z.B. Fips Asmussen, Sebastian Schnoy) und Netzwerkpartys. Bei Cover-Abenden und dem OpenAir sind Bands wie Pfefferminz, Suntana, The Cashmen, Reggatta de Blanc, Waterloo und ReCartney vertreten, die zeigen,dass sie mindestens so gut sind, wie das Original.
Gute Kontakte, Mut und organisatorisches Geschick machten auch einen kurzfristigen Auftritt von Wolf Maahn und Band zum Auftakt seiner Deutschlandtournee möglich, der übrigens inzwischen 4x in der Oste-Metropole aufgetreten ist. Maahn schwärmte im Musikermagazin „Fachblatt“ in den höchsten Tönen von dieser Unplugged-Generalprobe:
„Die Hemmoorer (ein ausgesprochen freundlicher und trinkfester Menschenschlag) machten es uns allerdings auch einfach. Sie tobten schon, bevor wir auch nur einen Akkord gespielt hatten und lieferten für den Rest des Gigs so laute Unisono-Backingvocals, dass wir uns selbst kaum noch hörten.“
Bei einem solch emphatischen Publikum ist nicht verwunderlich, dass nicht nur Maahn, sondern auch andere versprochen haben, wiederzukommen und dies auch taten.
Kultur bringt der Culturkreis aber auch auf andere Art und Weise in die Provinz. Für Folker und Liedermacher steht die gemütliche Kulturdiele zur Verfügung. Neben dem plattdeutschen Liedermacher Helmut Debus traten dort vor meist vollen Haus schon die Songwriter Allan Taylor, Rod McDonald, Jim Hunter, Mike Silver, Hugh Blumenfeld, David Munyon, Folk-Urgestein Hamish Imlach mit Partnerin Muriel Graves, Mario Hene, Spooner und Wilmking, Kate McDonnel, Pete „Wyoming“ Bender und Mathew James White auf. Seit Jahren widmet sich der Verein intensiver dem Bereich Singer/Songwriter zu. Denn das sind Konzerte, wo man regelrecht erlebt, wie Musik entsteht, eingerahmt von kleinen Geschichten der Künstler zum Anfassen. Alex Amsterdam, Ron Diva, Tobias Regner, Melanie Dekker aus Kanada, Christina Martin und nicht zuletzt Gregor Meyle sind einige dieser Erfolgsgeschichten.
Neben den sicherlich spektakulären Bereichen Folk, Rock und Blues macht der Culturkreis aber auch andere, sehr vielseitige Angebote. Dazu gehören musikalische Lesungen „Das Urteil“ von Kafka, Lesungen, Heimatabende z.B. mit Godewind und Günter Willumeit, Gerd Spiekermann und den Bob Cats, Timmerhorst, politisches Kabarett bzw. Kinderunterhaltung (Zaches und Zinnober/ Frank und seine Freunde), Liederabende und sakrale Konzerte mit den Original Don Kosaken. Die eindrucksvollen Christus-Kirche bietet einen tollen Raum für Konzert jeder Art. 1999 startete Inga Rumpf hier ihre Expo-Tournee vor einem begeisterten Publikum mit „Walking in the light“. Man sah die Glory Gospel Singers aus New York, aber auch Katja Ebstein, Angelika Milster und Jesper Tydén haben Ihre Visitenkarte hier schon abgegeben. Mit der Akustik der Kirche ein garantiert immer schönes Erlebnis.
Über 10 Jahre wurde die „Crazy-Noise“ veranstaltet, Newcomerbands verschiedener Musikstile traten auf und organisiert wurde dies von „unserer“ Jugend mit ein wenig Hilfestellung!
Eine weitere Idee wurde mit dem Rock-Förderpreis für Amateurbands im Landkreis Cuxhaven bereits 1999 realisiert. Jungen Menschen eine Bühne zu geben und ihre Kreativität zu fördern stand dabei im Mittelpunkt. Im Jahr 2004 gelang es dem CK mit dem Local Heroes Contest (bundesweiter Contest) daran anzuknüpfen, was eine sehr positive Resonanz erfuhr und über 10 Jahre erfolgreich umgesetzt wurde. So brachte dieser Landkreis bereits einen Bundessieger (Band Odeville) und zweimal einen Niedersachsen-Sieger hervor. Hier soll wieder angeknüpft werden, sobald sich Verantwortliche gefunden haben, da dies allein schon ein Großprojekt ist.
Bleibt zu hoffen, dass den Machern des Culturkreises der Spaß an der Sache und das experimentierfreudige Publikum erhalten bleibt, damit die Musikszene „in der Provinz“ so munter weiterblüht wie bisher.
Stand: 09.02.2019