Konzertkritik vom 14.10.06 in Hemmoor
Veränderungen und Aufbruch zogen sich als roter Faden durch das Konzert von Bartsch & Band
(gn) Das war tatsächlich – wie angekündigt – der feinsinnige Ausflug in deutsch-deutsche Seelenlandschaften! Paul Bartsch, dem promovierten Literaturwissenschaftler, gelang es mühelos mit seiner kongenialen Band, die Anwesenden in seinen Bann zu ziehen und eine kurzweilige Geschichte rund um die Lieder seiner aktuellen CD „stechen in See“ zu flechten. Leider hatten viel zu wenige den Weg in die Kulturdiele gefunden, um diesen musikalisch, moderativ und poetisch exzellenten und aufrichtigen Botschafter Sachsen-Anhalts live zu erleben. Da wurde sogar der Griff in die Literaturgeschichte zu einem kurzweiligen und eloquenten Vergnügen, bei dem man noch etwas über Goethe und den Ritter von der traurigen Gestalt („Komm Rosinante schmeiß den Motor an“) lernen konnte. Bartsch verschwieg nicht die Untiefen der See, in die die Menschen im Osten, zunehmend aber auch die in unserer Region geraten. Das Leben ist kompliziert und manchmal schwierig geworden, das Blei des Beharrens und der Rücksicht hängt an unseren Sohlen. Und wenn man barfuß ist, könnte man nicht die verstaubten Flügel aus dem Keller holen und gemeinsam versuchen davon zu fliegen? Oder ein Häuschen im Grünen geziehen und mit den Enkeln spielen? Es lohnt sich immer, einen neuen Anfang zu wagen, ob er nun letztlich zum Erfolg führt oder nicht. Die tiefgreifenden Veränderungen und der Aufbruch zu neuen Ufern zogen sich als GrundtenorThema durch viele Lieder.
Es schien so, dass er damit den Anwesenden aus der Seele sprach, denn das Publikum durchlebte sowohl die nachdenklichen, als auch die sehr lebendigen, zum Mitsingen einladenden Songs des Geschichtenerzählers sehr intensiv mit. Es erübrigt sich zu erwähnen, dass die Musik instrumental absolut professionell vorgetragen wurde und insbesondere Thomas Fahnert durch sein intensives, feines treibendes E-Gitarrenspiel so manchen Glanzpunkt setzt und die rockigen Fundamente legte. Zu erwähnen ist noch der „Herr Schneider“, der als Drummer per CD jeweils eingespielt wurde, wenn es z.B. um Tango, Blues oder Reggae ging, weil er live mit seinem klassischen Orchester unterwegs war.
Paul Bartsch plauderte auch über die jüngste deutsch-deutsche Geschichte und seine Beziehungen zu Mitgliedern der „Klaus Renft Combo“, mit denen es eventuell demnächst auch eine musikalische Zusammenarbeit gibt. Durchaus vorstellbar, dass die Hemmoorer noch einmal Gelegenheit bekommen, diese Künstler, die etwas zu singen und zu sagen haben, zu sehen. Sie haben sich bei diesem Publikum, das die inspirierten Musiker Sander Lueken (Keyboards), Thomas Fahnert (Gitarren, Geige) und Paul Bartsch (Gitarre, Gesang) erst nach einigen Zugaben und zwei Stunden spannender Unterhaltung ziehen ließ, in der Kulturdiele sehr wohl gefühlt und würden gern wiederkommen.
Hans-Jürgen Goeman
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